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Schweinegrippe: Infektiologen nehmen sich die Ärzte vor

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Die H1N1-Influenzawelle nimmt offensichtlich Fahrt auf, was selbstverständlich primär saisonale und damit ganz natürliche Gründe hat. Winters hat es das Virus um Vieles leichter, das wiederholt sich Jahr für Jahr mit der saisonalen Grippe. Ist also nichts Überraschendes und deutlich berechenbarer als die Haltung mancher Ärzte, einiger sogenannter Experten und Medien in den letzten Tagen.

Von Routine an der Schweinegrippefront also keine Spur. Während es in deutschen Kliniken zu Versorgungsengpässen mit Impfstoffen kommt, treiben andere munter ein zynisches Spiel mit der Impfskepsis.  Das europäische Infektionszentrum ECDC in Stockholm (European Centre for Disease Prevention and Control) seinerseits gibt sich konsequent und zündet die nächste Stufe der Pandemieüberwachung. Ab sofort wird das in die Hunderttausende gehende und zunehmend lückenhafte Register der H1N1-Infektionen geschlossen. Gemeldet werden nur noch die Zahl der Todesopfer (ca. 5800 weltweit bisher) und die Krankenhauseinweisungen sowie Behandlungen  auf  Intensivstationen (zusammen ca. 6000 weltweit bisher, 300 in Europa).

Bild zu: Schweinegrippe: Infektiologen nehmen sich die Ärzte vor

 

 

Drei neue Todesfälle zuletzt in Deutschland, sind noch kein außergewöhnlicher Alarmierungsgrund, zumal die bisherige Bilanz an schweren Verläufen im Land unerklärlicherweise (aber erfreulicherweise) weit hinter den internationalen Statistiken, beispielsweise in Nordamerika, zurückgeblieben war. Man hat also ohnehin mit deutlich mehr Influenza-Opfer gerechnet, so sarkastisch das auch klingt.  Und Meldungen, wonach das Virus mutiert sein könnte, also gefährlicher geworden ist, gibt es trotz der global rund 300 neuen Todesfälle binnen einer Woche, bislang nicht.

 

Dennoch scheint die Zeit jetzt reif für neue Warnungen.

 

Einige Virologen wenden sich an die Verbraucher, sie mögen sich doch impfen lassen. Die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI) verstärkt den Druck auf die Ärzte. Eine Reaktion sicher auch auf Äußerungen des Vizepräsidenten der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montomery, der gegen die Impfung agitierte und sie zum „Flop“ erklärte.

 

Die Gesellschaft der Infektiologen hat sich daraufhin in einer Stellungnahme hinter die  Empfehlungen der Ständigen Impfkommission und die Ratschlägen aus dem für die Impfstoffzulassung zuständigen Paul-Ehrlich-Institut gestellt. Die Ärzte, aus deren Reihen  in den vergangenen Tagen immer Stimmen gegen die Vakzinierung zu hören warenn, werden ermahnt,  die Impfmüdigkeit der Menschen nicht weiter zu forcieren.  

 

„Wir halten die Impfung der Bevölkerung für sinnvoll und richtig und rufen die Ärzteschaft auf, dies in die Tat umzusetzen“, schreibt der fünfköpfige Vorstand der DGI. Und weiter heißt es mit Blick auf die praktizierenden Ärzte:

„Die weit verbreitete öffentliche Ablehnung der Impfung ist angesichts der Mitteilungen in den Medien verständlich, jedoch sachlich nicht nachvollziehbar…. Die Ärzteschaft trägt Verantwortung und sollte sich nicht von der oft sehr verkürzten Diskussion in den Medien verunsichern lassen.“ Die Infektiologen halten die Verunsicherung wegen  neuen Impfstoffe mit Wirkverstärker für „weitgehend unbegründet“. Paradoxerweise führe die Verunsicherung zuerst zur Verzögerung der Impfung in vielen wichtigen Gruppen, beispielsweise  auch beim medizinischem Personal, das damit der weiteren Ausbreitung des Virus Vorschub leisten könnte. Schwere klinische Verläufe seien zwar hierzulande noch Ausnahmen, aber die Erfahrungen in Australien und Amerika weisen in eine andere Richtung.  „Die Sorge vor einer weiteren schweren Welle mit der neuen Influenza A/H1N1v ist gerade deshalb berechtigt, und nur die Impfung hat das Potential, eine eventuelle Welle schwerer Erkrankungen abzumildern.“

 

Mittlerweile gibt es immer mehr Ratgeber und  Entscheidungshilfen im Internet, darunter viele nützliche wie etwa jene vom Deutschen Ärzteblatt oder vom Schweizer Bundesgesundheitsamt.  

 

 

 

 

 

 

von Joachim Müller-Jung erschienen in Planckton ein Blog von FAZ.NET.


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